Unternehmensversicherung und Nachhaltigkeit

Der Klimawandel und die damit einhergehende Zunahme von Naturkatastrophen sowie neue gesetzliche Rahmenbedingungen bringen allmählich ein nachhaltiges Denken auf die Agenda von Unternehmen. Das Zusammenspiel von Nachhaltigkeit und Risikomanagement wird zur wichtigen Disziplin.

Seit dem 18. Juni 2023 und dem deutlichen Ja des Schweizer Stimmvolkes ist klar: Die Schweiz soll bis zum Jahr 2050 klimaneutral werden. Um dieses Ziel zu erreichen, plant der Bund Massnahmen: Der Ersatz von Öl-, Gas- und Elektroheizungen mit klimaschonenden Varianten soll mit zwei Milliarden Franken unterstützt werden. Die Industrie und das Gewerbe, die innovative Technologien zur klimaschonenden Produktion einsetzen, sollen von Fördermitteln in der Höhe von 1,2 Milliarden Franken profitieren. Das ist der Kern des «Bundesgesetzes über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit (indirekter Gegenvorschlag zur GletscherInitiative)».

Gemeinsam einen Beitrag leisten

Zu unserem 140-jährigen Firmenjubiläum wollten wir etwas Nachhaltiges, Sichtbares und Bleibendes umsetzen. Als in der 5. Generation geführtes Familienunternehmen und dem Denken in Generationen statt in Quartalen verpflichtet, haben wir uns für ein grosses Sozial- und Pflanzungsprojekt in Myanmar entschieden. Mittlerweile konnten rund 190000 Mangroven gepflanzt werden, welche sowohl das Wasser als auch die Luft filtern.

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ESG-Risiken ganzheitlich betrachten

Welchen Beitrag leisten wir, um die Klimaziele der Schweiz zu erreichen? Und wie wichtig ist Nachhaltigkeit für unsere Kunden, Partner und Mitarbeitenden? Das fragen sich viele Unternehmen und haben das Thema 2023 ganz oben auf die Agenda gesetzt. Das Zusammenspiel von Risikomanagement, Versicherung und Nachhaltigkeit wird immer relevanter. Denn Nachhaltigkeit ist weit mehr als Klimaschutz. Sie umfasst drei Dimensionen: Environment, Social und Governance (kurz: ESG), also Umweltschutz, Soziales und eine verantwortungsbewusste Unternehmensführung. Aus der Vernachlässigung der ESG-Kriterien könnten sich für Unternehmen künftig regulatorische oder reputationsseitige Risiken ergeben.

Versicherer mit Potenzial

Viele Versicherer stellen sich nachhaltiger auf. Sie überdenken ihre Anlagestrategie und setzen sich mit den Auswirkungen von Nachhaltigkeit auf ihr Portfolio von Kunden auseinander. Teilweise steigen sie aus dem Geschäft mit Unternehmen aus, die einen negativen Beitrag zur Klimakrise leisten oder aufgrund von ESG-Kriterien problembehaftet sind. Das betrifft zum Beispiel Unternehmen, die fossile Energieträger wie Erdöl fördern oder Kohle abbauen, zur Energiegewinnung nutzen oder mit diesen Produkten im grossen Stil Handel betreiben. Es ist nicht auszuschliessen, dass diese Branchen Teile ihres Risikos mittelfristig selbst tragen müssen, weil der Versicherungsschutz nicht verlängert wird. Die Auswahl der möglichen Versicherungspartner wird damit eingeschränkt und der Versicherungsschutz wird teurer. Es liegt auf der Hand, dass sich die betroffenen Unternehmen nicht über Nacht zu ESG Musterknaben entwickeln können. In solchen Situationen können gut konzipierte Eigentragungsmodelle eine sinnvolle Überbrückungsvariante sein.

Ihr Ansprechpartner

Rolf Th. Jufer

Mitglied der Geschäftsleitung

+41 58 311 05 74

Aus ESG-Sicht wenig nachvollziehbar ist allerdings, dass die Versicherer sich in den letzten Jahren bewusst aus dem «Risiko Holz» (Brandrisiko) verabschiedeten oder die Versicherungsbedingungen für das holzverarbeitende Gewerbe massiv verschlechterten. Holz, der lokale und natürliche Baustoff, mit einer ausgezeichneten CO2-Bilanz, hätte nach ESG-Kriterien eine bessere Behandlung verdient.

Naturkatastrophen haben zugenommen und werden es wegen des Klimawandels weiter tun. Der Funk Global Risk Consensus 2023, welcher massgebliche Risikostudien neutral konsolidiert, listet die extremen Wetterereignisse im Rang 5 der globalen Top-Risiken für Unternehmen. Extremwetterereignisse verursachten 2022 weltweit wirtschaftliche Schäden von 275 Milliarden USD, wovon nur 125 Milliarden USD durch Versicherungen gedeckt waren. Diese Kosten belasten die Versicherer stark und werden künftig wohl weiterwachsen. Es ist davon auszugehen, dass sich die Preise für eine diesbezügliche Versicherungsdeckung weiter erhöhen und zu einem späteren Zeitpunkt Rück- und Erstversicherer auch diesen Markt meiden werden. Folglich werden Unternehmen das entsprechende Risiko massgeblich selbst tragen müssen. Intelligentes Risikomanagement und kreative Lösungen mit alternativen Deckungskonzepten oder parametrischen Ansätzen sind dann gefragt. Auch kommunikativ besteht noch Potenzial bei den Versicherern; so haben gleich zwei Schweizer Schwergewichte dieses Jahr entschieden, ohne weitere Begründung aus der Net Zero Insurance Alliance (NZIA) auszutreten.

Mit mehr Nachhaltigkeit entstehen neue Risiken

Die Anforderungen und Standards rund um ESG steigen in vielen Bereichen an. Das kann zu sogenannten neuen ESG-Risiken führen, die Unternehmen berücksichtigen sollten. Neue Gesetze wirken sich zum Beispiel auf die Haftpflicht-Versicherung aus. So hat der Dieselskandal gezeigt, dass nicht nur drohende Personen- oder Sachschäden zu Rückrufverpflichtungen führen, sondern auch Verstösse gegen Umweltnormen. Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, welches bei unserem zweitgrössten Handelspartner Deutschland seit dem 1. Januar 2023 in Kraft ist, soll Menschenrechte schützen; hier geht es also um den sozialen Aspekt der Nachhaltigkeit. Direkt oder indirekt hat dieses Gesetz bereits Auswirkungen auf gewisse Schweizer Unternehmen. Auch die EU hat verschiedene neue ESG-Richtlinien verabschiedet. Elemente der am 29. November 2020 am Ständemehr gescheiterten Konzernverantwortungs-Initiative werden so bereits zur ernstzunehmenden Praxis für international tätige Schweizer Unternehmen. Diese Rahmenbedingungen können sich auf die D&O- (Organhaftpflicht)- sowie die Rechtsschutz-Versicherung betroffener Unternehmen auswirken.

ESG und Pensionskasse

Auch im Bereich der beruflichen Vorsorge hat sich Nachhaltigkeit zu einem der Top-Themen entwickelt. Vorsorgeeinrichtungen suchen Investments inzwischen verstärkt auch nach Nachhaltigkeitskriterien aus. Nebst den relevanten technischen und finanziellen Aspekten haben Vorsorgekommissionen bei der Wahl der Kasse nun auch das Kriterium ESG-Tauglichkeit zu bewerten. Das macht das Auswahlprozedere nicht einfacher – aber nachhaltiger. Denn, wenn knapp 1000 Milliarden bewusster investiert werden, hat das durchaus eine Wirkung.

Konkrete ESG-Checks sind sinnvoll

Auch bei der regelmässigen Überprüfung des Versicherungsschutzes gehören ESG-Themen auf die Checkliste. Wenn Unternehmen zum Beispiel Gebäude und Anlagen umrüsten, um grüne Energie zu produzieren oder zu nutzen, können neue Risiken entstehen. Bauen sie etwa Fotovoltaik-Anlagen aufs Firmengelände oder stellen E-Ladesäulen für elektrisch betriebene Fahrzeuge auf, müssen eventuell Policen der Sach- oder Technischen Versicherung angepasst werden. Bei Jahres- und Strategiebesprechungen mit dem Risikoberater ist das ESG-Thema anzusprechen.