Unfallversicherung – Kostengutsprachen sind notwendig

Ein Kostengutsprache des Unfallversicherers verhindert, dass der Unfall zum finanziellen Debakel wird.

Einer versicherten Person, welche einen vermeintlichen Unfall hatte, wurde die Kostengutsprache für die Behandlung verwehrt, wodurch die Person auf den Kosten sitzen blieb. Funk liefert wichtige Tipps, damit Ihnen oder Ihren Mitarbeitenden das nicht passiert.

Jährlich werden hierzulande in über vierzigtausend Fällen Leistungen aus der Unfallversicherung nicht erbracht, weil u.a. der Unfallbegriff nicht erfüllt ist.

Unfallbegriff

Unfall ist die plötzliche, nicht beabsichtigte, schädigende Einwirkung eines ungewöhnlichen äusseren Faktors auf den menschlichen Körper, die eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit oder den Tod zur Folge hat.

«Unfallähnliche Körperschädigungen»

Wenn der Unfallbegriff nicht gänzlich erfüllt ist, wird geprüft, ob eine «unfallähnliche Körperschädigung» (sogenannte Listendiagnose) vorliegt. Der Gesetzgeber hat per 1. Januar 2017 diese «unfallähnliche Körperschädigungen» wie folgt in Art. 6 Abs. 2 UVG präzisiert:

Die (Unfall-)Versicherung erbringt ihre Leistungen auch bei folgenden Körperschädigungen, sofern sie nicht vorwiegend auf Abnützung oder Erkrankung zurückzuführen sind: 

  • Knochenbrüche
  • Verrenkungen von Gelenken
  • Meniskusrisse
  • Muskelrisse
  • Muskelzerrungen
  • Sehnenrisse
  • Bandläsionen
  • Trommelfellverletzungen

Genau im kursiven Teilsatz liegt die Herausforderung, ob nun Leistungen über die Unfall- oder Krankenversicherung erbracht werden müssen. Denn die Praxis regelt, dass der Abnützungs-/Erkrankungswert nicht höher als fünfzig Prozent liegen darf.

Im vorliegenden Fall hatte die Person einen Meniskusriss zu beklagen, nachdem er eine Treppe hochgestolpert ist. Da bei der Operation auch gleich eine Vorschädigung am Knie hätte behoben werden sollen, hat sich der Unfall-Zusatzversicherer auf den o.g. Teilsatz gestützt und die Kostenübernahme für die Privat-Abteilung verweigert. Die Begründung war, dass mit der OP eine Vorerkrankung behandelt wird = Krankheit.

In diesem Fall hatte der Arbeitgeber der versicherten Person eine Unfall-Zusatzversicherung für die «Behandlung in der Privaten-Spitalabteilung» abgeschlossen. Da der Unfallversicherer die Kosten nicht übernommen hat, musste die Krankenversicherung der versicherten Person einspringen. Da er dort nur «Allgemein» versichert war, wurden die Kosten, in der Höhe von über fünfzehntausend Franken, für die Privatabteilung nicht übernommen.

Schicksalsmässiger Verlauf eines krankhaften Vorzustandes

Ein weiterer Grund, weshalb ein Unfallversicherer seine Leistungen einstellt oder nicht übernimmt, ist ein schicksalsmässiger Verlauf eines krankhaften Vorzustandes. In diesem Fall – auch «Status quo Sine» genannt – verschlechtert sich der krankheitsbedingte Vorzustand weiter und nach einer gewissen Zeit übersteigt der krankheitsbedingte Vorzustand die Unfallschädigung. Ab diesem Zeitpunkt ist der «Krankheitswert» höher gewichtet als der unfallbedingte Zustand, wodurch (wieder) die Krankenversicherung die Kosten zu übernehmen hat.

Gelegenheits-/Zufallsursache

Von einer Gelegenheits- oder Zufallsursache spricht man bei einem Unfall, der ein (vor)bestehendes Gesundheitsrisiko offenbart. Sprich, wenn der Vorzustand des geschädigten Körperteils bereits vor dem Unfallereignis so labil resp. prekär vorgeschädigt war, dass mit der Realisierung der nun offenbarten Schädigung jederzeit zu rechnen gewesen wäre. Wenn somit das Unfallereignis beliebig austauschbar wäre mit einem anderen Ereignis, welches keinen Unfall begründet, dann entsteht keine Leistungspflicht aus der obligatorischen Unfallversicherung. Um dies in der oben gezeigten Grafik «Status quo sine» zu verorten, würde der Zeitpunkt des Unfallereignis und der Zeitpunkt Status quo sine deckungsgleich sein.

Funk Tipp

Wenn es sich nicht um einen Unfall handelt und somit der Unfallversicherer die Kosten nicht zu übernehmen hat, kommt die Krankenversicherung der versicherten Person zum Tragen. Wenn der Arbeitgeber für die Mitarbeitenden eine Unfall-Zusatzversicherung mit einer Privat-Abteilung-Deckung abgeschlossen hat, dann ist es sehr ratsam, vor einer stationären Behandlung eine Kostengutsprache der Unfallversicherung einzuholen. Bei nachträglicher Ablehnung, bleiben Versicherte ansonsten auf den Mehrkosten sitzen.

Sobald der Unfallversicherer die Leistungspflicht verneint, sollte (falls noch nicht geschehen) eine einsprachefähige Verfügung verlangt werden. Dies stellt erstens bereits eine "Hürde" für den Versicherer dar und deutet auf Rechtskenntnis bei der versicherten Person hin. In der Verfügung wird auf die Rechtsmittel hingewiesen → wichtig dabei ist die Frist von 30 Tagen (Datum Poststempel), innert welchen man nach Erhalt der Verfügung Einsprache erheben kann. In dieser Einsprache sollte man den vermeintlichen Unfallhergang nochmals als Unfallereignis beschreiben und ggf. auf den sonst guten Gesundheitszustand hinweisen.

Ob man durch die Einsprache zu einem anderen Entscheid der Unfallversicherung kommt oder nicht, lässt sich nicht im Vornherein abschätzen. Aber wenn man es nicht versucht, bleibt man definitiv auf den Kosten im Rahmen eines Krankheitsereignis (inkl. Franchise, kein Taggeld ab dem 3. Tag etc.) sitzen.

 

Ausgabe 1 -2023

Ihr Kontakt

Angelo Renfer

Branchenverantwortlicher Personenversicherungen

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