Das neue Versicherungsvertragsgesetz – was Unternehmen wissen müssen

Das VVG - welches über einhundertjährig ist - regelt die Beziehungen zwischen den Versicherungsgesellschaften und den Versicherungsnehmern. Das teilrevidierte Gesetz wurde modernisiert und den heutigen Anforderungen angepasst. Es stärkt die Rechte der Versicherten in vielerlei Hinsicht und ermöglicht eine dem digitalen Zeitalter angepasste Vertragsabwicklung. Es wird per 1. Januar 2022 in Kraft treten.

 

Was sind nun die zentralen Änderungen im Einzelnen?

 

Erklärungen oder Informationen im Zusammenhang mit dem Versicherungsvertrag sind neu grossmehrheitlich in Textform möglich, die keine eigenhändige Unterschrift mehr erfordern. Eine Kündigung ist demnach auch per E-Mail rechtlich unbedenklich.

Versicherte können auch bei Verträgen mit langer Laufzeit den Vertrag auf das Ende des dritten Jahres beenden. Damit gehören die im Privatkundengeschäft bis anhin bekannten «Knebelverträge» von fünf Jahren Laufzeit der Vergangenheit an.

Versicherte können neu innerhalb einer Bedenkfrist von vierzehn Tagen von ihrem Vertrag zurücktreten.

Ansprüche aus Versicherungsverträgen verjähren anstatt wie bisher nach zwei Jahren neu erst fünf Jahre nach Eintritt des Schadenfalls. Der Versicherte kann seinen Anspruch damit bis zu fünf Jahre nach dem Eintritt des Ereignisses, das die Leistungspflicht begründet, geltend machen. Für die Krankentaggeldversicherung gilt jedoch weiterhin die zweijährige Verjährungsfrist.

Damit eine Leistungskürzung oder gar -verweigerung vom Versicherer geltend gemacht werden kann, muss die Obliegenheitsverletzung schuldhaft und neu auch kausal für Schadeneintritt bzw. -umfang sein. Ist dies nicht der Fall, so hat der Versicherer in vollem Umfang zu leisten.

Bei bestrittener Leistungspflicht ist der Versicherer neu verpflichtet, Abschlagszahlungen bis zur Höhe des unbestrittenen Betrags zu leisten. Damit kommt der Versicherte in den Genuss einer vorläufigen Teilzahlung. Über den strittigen Restbetrag im Schadenfall kann in der Folge noch verhandelt werden.

Die Haftpflichtversicherung deckt neu gesamtheitlich sowohl die Ersatzansprüche der Geschädigten als auch die Rückgriffs-oder Ausgleichsansprüche von Dritten, welche Leistungen gegenüber den Geschädigten ausgerichtet haben. Der bislang für solche Rückgriffs- oder Ausgleichsansprüche nicht versicherte Arbeitnehmer ist neu miteingeschlossen.

Neu können im Schadenfall Ansprüche direkt bei der Haftpflichtversicherung des Schädigers geltend gemacht werden. Dies obwohl der Versicherungsvertrag nicht mit ihm, sondern mit dem Haftpflichtigen abgeschlossen wurde.

Den Versicherern steht der Rückgriff neu auf sämtliche Ersatzpflichtige offen. Bislang waren die Regressmöglichkeiten des Versicherers sehr eingeschränkt. So kann beispielsweise der Hausratversicherer, welcher die Kosten eines Wasserschadens übernommen hat, neu auf den Werkeigentümer resp. dessen Haftpflichtversicherung auf Grund eines Gebäudemangels Rückgriff nehmen.

Auswirkungen der VVG-Revision auf das von Funk betreute Unternehmensgeschäft

Das VVG ist ein Gesetz, welches insbesondere das berechtigte Schutzbedürfnis von Privatpersonen (Konsumenten) gegenüber den mächtigen Versicherungsgesellschaften zum Inhalt hat. Es ist daher nicht weiter verwunderlich, dass der Gesetzgeber unter gewissen Voraussetzungen das Abweichen oder Wegbedingen selbst von zwingenden VVG-Bestimmungen zulässt und damit die Vertragsfreiheit stärker gewichtet. Das ist u.a. bei sog. professionellen Versicherungsnehmern der Fall. Darunter fallen unter anderem Unternehmen, welche eine gewisse Grösse überschreiten oder über ein professionelles Risikomanagement verfügen.

Es ist noch nicht absehbar, wie die neuen VVG-Bestimmungen von den jeweiligen Versicherungsgesellschaften letztendlich umgesetzt werden und ob in Zukunft ggf. von zwingenden Bestimmungen abgewichen wird. So gilt es auch zu beachten, dass - abgesehen von wenigen Ausnahmen - die neuen VVG-Regeln gesetzlich erst bei Vertragsabschlüssen ab 1. Januar 2022 Anwendung finden. Mit anderen Worten gelten bei bestehenden Verträgen über den Jahreswechsel hinaus (bspw. mit stillschweigender Erneuerung) weiterhin die alten VVG-Bestimmungen.
 
Abschliessend und zusammenfassend stellen wir bislang fest, dass jeder Anbieter mit diesem Thema sehr unterschiedlich umgeht. So gibt es Versicherungsgesellschaften, welche bei bereits bestehenden Versicherungsverträgen die neuen Bestimmungen - zumindest teilweise - zur Anwendung bringen und andere Anbieter, welche das neue VVG erst bei Vertragsabschlüssen ab 1. Januar 2022 gelten lassen.

Wir beobachten daher die Entwicklung von neuen Regelwerken und Bedingungen der Versicherungsgesellschaften äusserst genau. Funk als Ihr verlässlicher Partner wird sich weiter mit aller Kraft dafür einsetzen, die bestmöglichen Konditionen für Sie und Ihr Unternehmen auszuhandeln. Bei Fragen steht Ihnen der/die zuständige Mandatsleitende sehr gerne zur Verfügung.

 

Ihr Kontakt

Jean-Marc Heiz

Leiter Special Services

lic.iur. Rechtsanwalt

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